Wie ging es nach dem Zeitpunkt 4 (Herbst 2018) weiter, nachdem Angela Merkel ihren Rücktritt bekannt gegeben hat? Man sieht im Schaubild, dass sich die Zustimmung zur Union bis zum Jahreswechsel 2018/2019 wieder auf rund 30% der Wahlberechtigten erholte. Wichtige Einflussfaktoren hierfür waren:
- Dass es der CDU gelang, mit einer Aneinanderreihung von parteiinternen Zukunftskonferenzen zu zeigen, dass sie mit den Kandidaten Annegret Kramp-Karrenbauer, Friedrich Merz, Jens Spahn überdurchschnittliche und glaubwürdige Kandidaten für den Parteivorsitz nominieren konnte und der gesamte Prozess transparent und demokratisch ablief.
- Dass die Verantwortung für die manipulierten Diesel-PKW schließlich doch eindeutig der Industrie zugewiesen wurde; der damalige Audi-Chef Rubert Stadler wurde am 11.06.2018 nach einer Durchsuchung seines Privathauses verhaftet und verblieb über Monate in Untersuchungshaft; ein bis dahin einzigartiger Vorgang, der von vielen Wahlberechtigten als Schritt in Richtung auf mehr Gerechtigkeit empfunden wurde im Sinne von „auch Industriebosse müssen sich ans Gesetz halten“.
- Die weltweite Reaktion des Auslandes auf den angekündigten Rückzug Merkels war mit so viel ehrlichem Bedauern und Wertschätzung für ihre Person verbunden, dass Merkel als Kanzlerin selbst wieder stark steigende Zustimmungsraten verzeichnen konnte. Die BürgerInnen merkten – vereinfacht gesagt – wieder „was sie an ihr hatten“.
An dieser Stelle unseres Rückblicks auf die letzten 4 Jahre muss bei aller Kritik an Fehlern der SpitzenpolitikerInnen gesagt werden, dass es sich um brutal anstrengende Jobs handelt und dass – immer unter Beobachtung der Öffentlichkeit – „Nerven wie Drahtseile“ benötigt werden. Gerade die deutsche Form von Demokratie der letzten Jahre weist immer wieder einen erheblichen Personalverschleiß auf:
- Die mit große, Aufwand im März 2018 gekürte CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer musste nach einigen Ungeschicklichkeiten bereits 2019 wieder als CDU-Vorsitzende zurücktreten.
- Von Martin Schulz, Spitzenkandidat für die SPD zur Europawahl 2019 hört man, wenn überhaupt, nur noch selten etwas.
Der SPD hat dabei nach den Meinungsumfragen vor allem das wiederkehrende Austauschen von Führungskräften aus Sicht der Bürger geschadet – weniger die Teilhabe an der Bundesregierung. In unserem Zeitpunkt 9 zeigen wir, dass die Bürger bei der SPD glaubwürdige Führungsarbeit fast nur im Falle von Finanzminister Scholz wahrnehmen, der trotz des Wirecard-Skandals bis zum Ende der Periode persönlich vorzügliche Zustimmungswerte bekommt. Wir werden zeigen, dass auch im Fall der SPD die Bürger vor allem Unprofessionalität und Unglaubwürdigkeit im Machtgerangel der Parteispitze bestraft haben. Manchmal aber auch Maßlosigkeit und – man kann es bisweilen Lieblosigkeit mit verdientem Führungspersonal nennen.
Das kurze Aufeinanderfolgen von den Parteivorsitzenden Gabriel, Schulz, Nahles und der jetzigen Doppelspitze (die viele BürgerInnen nicht kennen), zeigt große Führungsschwäche, sogar Hilflosigkeit und lässt nachvollziehen, warum die SPD als traditionelle Alternative nicht von der CDU-Schwäche profitierte.
Bündnis 90/ Die Grünen konnte durch den starken Rückenwind der „Fridays for Future“-Demonstrationen und die oben genannten Führungsschwächen von CDU und SPD ein Rekordhoch verzeichnen. Das Thema Umwelt- und Klimapolitik ist im Kopf der Bürger bei den Grünen angesiedelt. Durch das Aufkommen der jungen Bewegung haben die Bürger dann ihre Zustimmung den Grünen gegeben.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Fridays_for_Future#/media/Datei:2019-11-29_Globaler_Klimastreik_Muenchen-4.jpg / CC BY-SA 3.0
So zahlen sich Jahrzehnte der Umweltpolitik endlich aus, denn es ist ihr Thema, das nun in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist.