Die Zustimmung zur SPD bzw. deren Entwicklung kann direkt zu bestimmten Ereignissen zugeordnet werden: gerade im Februar 2018 war ein massiver Rückgang der Wählerstimmen zu beobachten gewesen (vgl. die nächste Abbildung). Was war geschehen?
Die Tagesschau kommentierte am 11.02.2018:
„Als Schulz […] mit Nahles verabredet, den Parteivorsitz an sie weiterzureichen, dafür ein Ministeramt zu übernehmen und den mittlerweile populären Gabriel kühl und wortkarg aus dem Amt zu drängen, ist für viele Parteimitglieder das Maß voll. Gabriels bittere Replik vervollständigt das Desaster. Schulz verzichtet auch auf das Außenamt.“
(tagesschau.de vom 11.02.2018 ).
Zwei Tage später trat Schulz mit sofortiger Wirkung vom Amt des SPD-Chefs zurück. Eine Woche später ist das Ansehen der SPD auf dem damaligen Allzeit-Tief angekommen (rote Linie Zeitpunkt 2)
Der Umgang innerhalb der SPD-Führung war diesmal also mitverantwortlich für den Vertrauensverlust. Warum? Nur die Beteiligten wissen es genau. Wir formulieren hierzu einige Annahmen.
- Wenn Schulz mit Nahles etwas Anderes verabredet, als er im Wahlkampf immer wieder gesagt hatte (dass er kein Amt unter Merkel annimmt), dann verliert er persönlich durch diese opportunistische Änderung schon zwangsläufig Vertrauen.
- Wenn er darüber hinaus gedankenlos Gabriel übergeht, erst recht; da sind die Bürger mit recht sensibel: Die aus ihrer Sicht verdienten Politiker dürfen nicht schlecht behandelt werden.
Beide Verhaltensmuster sind typische Kommunikationsfehler, vergleiche dazu Politische Führung (Bund).
Warum konnte nun die SPD 2018 und 2019 zunächst nicht wieder auf ihre alten Werte über 20% kommen?
Die SPD hatte unter anderem das Problem, dass die große Anzahl der personellen Wechsel an der Spitze den Bürger spüren ließen, dass die Parteiführung unsicher ist über die zukünftige Entwicklung.
Diese ist so eklatant, dass sie auf 2 Vorsitzende gegangen sind und dem schon damals populärsten Politiker Scholz nicht die Parteiführung übertragen hatte. Grundsätzlich spüren jede Form von Unsicherheit der politischen Führung und reagieren so gut wie immer mit Vertrauensentzug. In den Jahren 2018 bis 2020 konnte man vereinfachend festhalten: die Bürger bekamen nicht genug Argumente, warum sie ihre Stimme der SPD geben sollten.
Der politische Sozialismus und die zugehörigen sozialdemokratischen Themen waren zudem schon seit Längerem nicht mehr als Alleinstellungsmerkmal gegeben, sodass die Notwendigkeit der SPD als ganzes in Frage gestellt wurden. CDU/CSU und Bündnis 90/ Die Grünen haben inzwischen diese Themen auch integriert, nun braucht die SPD einen neuen Aufhänger.
Den Bundestags-Wahlkampf 2021 gewann die SPD schließlich hauptsächlich deshalb (vereinfachend gesagt),
- weil dem SPD-Kanzlerkandidaten Scholz keine nennenswerten Fehler unterlief und er stets professionell und souverän auftreten konnte, er als amtierender Vize-Kanzler einen Amtsbonus mitbrachte und auch in den „Triells“ im Fernsehen die besten Zustimmungswerte erhielt,
- während den beiden anderen Kanzlerkandidaten Laschet (CDU) und Baerbock (B90 Grüne) zahlreiche Ungeschicklichkeiten und erkennbaren Unsicherheiten unterliefen.