Gelingende Führung im Finanzressort

Praktische Führungsprobleme im Finanzressort

Von Dr. Christian Marettek

(FIDES-Leiter, hauptberuflich Wirtschaftsprüfer, der sich auf öffentliche Kunden spezialisiert hat)

Überblick

Aus Sicht von Wirtschaftsprüfern haben die unterschiedlichen öffentlichen Körperschaften – insbesondere wenn sie wie der Bund noch durch ein kamerales Rechnungswesen geprägt sind – natürlich fachlich ausgerichtete Spezialprobleme, die keinesfalls unmittelbar den Charakter von Führungs- bzw. Steuerungsproblemen der jeweiligen Führungskräfte haben. Häufig ist die jeweilige Führungssituation durch unzählige spezifische Vorschriften geprägt, wie die Standards staatlicher Doppik oder die Vorschriften zur kommunalen Doppik.

Dies sind zwar alles vertraute Fachgebiete, in denen wissenschaftliche Literatur existiert – die empirisch nachweisbaren oder wenigstens plausibilisierbaren Führungs- bzw. Steuerungsprobleme sind aber nur in Teilen damit verbunden.

FIDES e.V. beabsichtigt jedoch Forschung im Bereich des Rechnungswesen nur in dem Umfang, wie tatsächlich Führungs- bzw. Steuerungsproblemen der jeweiligen Führungskräfte berührt werden. Was das praktisch für unsere Forschungsprojekte heißt, erläutern wir anhand von verschiedenen Arten von Finanzressort-Leitern:

  • Bundesfinanzminister, Staatssekretäre im Bundesfinanzministerium
  • Landesfinanzminister, Staatssekretäre im Landesfinanzministerium
  • Finanzdezernent/ Finanzbürgermeister einer Großstadt
  • Finanzdezernent einer Universität


Bundesfinanzminister, Staatssekretäre im Bundesfinanzministerium

FIDES e.V. sondiert gerade, ob und wie wir uns an spezifischer Erforschung der Situation der BMF-Führungskräfte beteiligen.

Es handelt sich sicherlich um so etwas wie das fachlich schwierigste Teilgebiet, das das öffentliche Management überhaupt in Deutschland bietet (durch die Integration von EU-Recht und VWL). Erleichternd wirkt sicherlich nur die Tatsache, dass viele Handlungen der jeweiligen Amtsträger – zuletzt die von Dr. Wolfgang Schäuble – in der Öffentlichkeit verfolgt werden können.

Ein Teil der ministerialen Entscheidungen wird für eine gewisse Zeit als Staatsgeheimnis betrachtet – dürfte aber spätestens nach den jeweiligen Übergangszeiten von den Wirtschaftshistorikern, vielleicht auch in Memoiren aktiver Politiker, ausgebreitet. Trotzdem ist es selbst mit einigen ökonomischen Kenntnissen extrem schwierig, die außerordentliche Komplexität am Arbeitsplatz der BMF-Führung überhaupt im Sinne der Managementforschung zu beschreiben. Jedenfalls ist festzuhalten, dass vor allem differenzierte volkswirtschaftliche und europarechtliche Fachkenntnisse notwendig sind, um das Handeln des BMF in bestimmten Situationen von Markt und Politik in Ansätzen zu verstehen.

Für Zwecke der aktuellen Neuausrichtung der FIDES-Arbeit haben wir entschieden, dass eine vertiefende Sondierung über ein neues Forschungsprojekt ausschließlich im Bereich der zu treffenden Entscheidungen zur Euro-Zone in Frage kommt.

 

Landesfinanzminister, Staatssekretäre im Landesfinanzministerium

Welche komplexen Führungs- bzw. Steuerungsprobleme den Arbeitsalltag dieser Personengruppe prägen, gerade wenn die Einhaltung der sog. Schuldenbremse zu gewährleisten ist, zeigt ausführlich die vorzügliche Arbeit von Dr. Nima Sheikhian 2016, Bedarfsgerechtes Haushalts- und Rechnungswesen für Landesverwaltungen in Zeiten der Schuldenbremse, Frankfurt am Main.

 


Finanzdezernent

Auf Ebene der Finanzdezernenten spielt zwangsläufig die problemorientierte Sacharbeit eine immer größere Rolle.  Hier geht es beispielsweise um Wirtschaftlichkeitsstudien für Großprojekte oder die Einführung des konsolidierten Gesamtabschlusses für den Konzern Stadt – alles komplexe Fachthemen, die relativ stark durch wirtschaftsprüferisch-orientiertes Fach-Knowhow geprägt sind. Der Verfasser hat zu diesen Doppik-Themen zwischen 2008 und 2017 zahlreiche Veröffentlichungen vorgelegt und war zwischen 2012 und 2016 Mitglied im Fachausschuss für öffentliche Unternehmen und Verwaltungen des Institut der Wirtschaftsprüfer (Düsseldorf).

Praxisbeispiele für die spezifische Führungs- und Controllingsicht der kommunalen Finanzdezernenten/Finanzbürgermeister finden sich bei Marettek 2013, Wirksames Management für öffentliche Einrichtungen, S. 105-115. Im Rahmen von FIDES werden die genannten wissenschaftlichen Ergebnisse hauptsächlich aktuell gehalten und nur auf Nachfrage vertieft.

Zu den Finanzdezernenten der öffentlichen Hochschulen existiert ein eigenes FIDES-Forschungsprojekt, weil bei den öffentlichen Hochschulen immer noch zahlreiche Grundsatz der Hochschulsteuerung und der Hochschulbilanzierung immer noch nicht befriedigend gelöst sind.