Der Euro aus der Sicht der italienischen Regierung am Beispiel von Paolo Savona Ende 2018/19

Der Euro aus der Sicht der italienischen Regierung am Beispiel von Paolo Savona Ende 2018/2019

 

Die Sicht der italienischen Regierung auf den Euro war seit jeher zwiegespalten. Während des Wahlkampfes 2018 spielte der Euro dennoch kaum eine Rolle, da das Volk klar gegen einen EU-Austritt ist. Die Diskussion um den Euro hätte die populistische Cinque Stelle und die Lega Stimmen gekostet, denn in der Vergangenheit haben beide Parteien sogar vehement den Austritt aus dem Euro gefordert. Denn obwohl das italienische Volk längst nicht mehr so stark für Europa begeistert ist, wie es vor einigen Jahren der Fall war (49% der Italiener sind der Ansicht, dass sich viele Dinge in Europa in die falsche Richtung entwickeln und sind frustriert über die Führungselite in Brüssel, vgl. Neue Zürcher Zeitung, Artikel vom 01.06.2018, Andrea Spahlinger, Italiens Populisten haben eine schwammige Haltung gegenüber Europa) halten doch aller Unzufriedenheit zum Trotz nur 17% der Italiener die EU-Mitgliedsschaft für einen Fehler.

„Die Populisten haben ihre Position im letzten Jahr diesem Trend angepasst. Der Chef der Cinque Stelle, Luigi Di Maio, hat sich im Wahlkampf gar als vertrauenswürdiger Partner Europas zu präsentieren versucht. Der Lega-Chef, Matteo Salvini, hielt zwar an seinem konfrontativen Kurs fest, kam auf die Themen EU und Euro aber auffällig selten zu sprechen.“ s. Neue Zürcher Zeitung, Artikel vom 01.06.2018, s.o.

Paolo Savona, der als einer der Chefideologen der Cinque Stelle und der Lega gilt und seit jeher als Anti-Europäer gesehen wird, wurde der Kandidat der beiden Parteien für das Finanzministerium. Fachlich wäre Savona, der als einer der profiliertesten Ökonomen Italiens gilt und auch bereits langjährige politische Erfahrung hat, ein tadelloser Kandidat für das Amt gewesen. Doch der europafreundliche Präsident Sergio Mattarella wollte für dieses Amt eine andere Persönlichkeit finden, denn Savona ist wahrscheinlich der langjährigste Euro-Kritiker Italiens. Schon 1992 bei der Aushandlung des Vertrags von Maastricht hat er sich gegen den Beitritt Italiens zur Währungsunion ausgesprochen – zu einer Zeit, wo man sich als Euro-Kritiker noch unbeliebt machte.

In einem Interview mit Giorgio Schiavoni von dem italienischen Fernsehsender TG2000 erklärte Paolo Savona im Mai 2014 genauer, was ihn am Euro eigentlich stört und von Anfang an störte.

„Die Idee eines gemeinsamen europäischen Marktes ist eine wertvolle und sehr wichtige Idee, denn so entsteht ein noch größerer Markt als der der Vereinigten Staaten, welcher die größte ökonomische Macht der Welt ist. Damit ein Binnenmarkt funktionieren kann, bedarf es einer Einheitswährung, also war die Absicht korrekt. Doch um einer Währungsunion beizutreten, muss der Zustand dahinter stimmen, und der fehlt [im Falle Italiens].“ s. Euro sì, Euro no, L’opinione di Paolo Savona ’nell intervista di Giorgio Schiavoni, Interview mit P. Savona, 21.05.2014

Nach seiner Aussage ist die in der EU-Währungsunion gängige Sparpolitik nicht für Italien geeignet, da die Austeritätspolitik Einsparungen an allen Seiten vorsieht: Das bedeutet noch weniger Arbeitsplätze und das, obwohl die Arbeitslosigkeit noch immer das Hauptproblem der italienischen Gesellschaft ist.

Doch in seinem neusten Buch „Come un incubo e come un sogno“, welches am 23. Mai 2018 erschienen ist (auf deutsch: Wie ein Albtraum und wie ein Traum) schlug er weniger sachliche Töne an: Er nannte die Einheitswährung einen „deutschen Käfig“. Deutschland wolle nach dem militärischen Scheitern im 2. Weltkrieg „Wir müssen einen Plan B, um, wenn notwendig aus dem Euro auszutreten vorbereiten … die andere Alternative ist, zu enden wie Griechenland.“ Er griff auch italienische Politiker an, die entschieden haben, Italien in den Euro zu bringen, was seiner Ansicht nach Italiens Kaufkraft halbiert habe. Doch gegen den Vorwurf, Anti-Europäer zu sein, wehrt er sich: Er sei kein Euro-Gegner, sondern möchte im Prinzip ein vereintes Europa, weshalb er das Schlimmste von dem, was er in Brüssel sieht, kritisiert.

„Europas Schwierigkeiten liegen an seinen Führungseliten: Sie sagen, sie interessieren sich für die Menschen, doch eigentlich kümmern sie sich nur um sich selbst.“ – Paolo Savona, aus der italienischen Zeitschrift Avvenire.it vom 23. Mai 2018

Savona kritisiert insbesondere die EZB: Um die Währungsunion zu verbessern, müssen die Regeln der EZB verändert werden, damit die EZB eine größere Kontrolle über die Devisenpolitik erlangt. Somit nimmt er genau die ideologische Haltung ein, die die populistischen Parteien im Wahlkampf vertreten haben.