Demokratiemessung anhand von Demokratie-Indices
Die Gesellschaftsformen unterschiedlicher Länder lassen sich zwar grob einordnen in Demokratie oder Nicht-Demokratie, doch unterscheidet sich die genaue Umsetzung der Demokratie von Land zu Land teilweise nochmal massiv. Um diese Unterschiede in etwa klassifizieren zu können, bedarf es der entsprechenden Modelle. Ein Versuch, Demokratie in unterschiedlichen Ländern zu differenzieren, sind sogenannte Demokratie-Indices, Werte, anhand derer die Ausprägung und die Unterschiede der Demokratien festgestellt und bewertet werden sollen.
Im folgenden werden drei Modelle zur Demokratiemessung präsentiert, die international die größte Anerkennung erlangt haben.
1.) Freedom-House-Index:
Der Freedom-House-Index ist der seit 1973 jährliche Report der Nicht-Regierungsorganisation Freedom House und ist hiermit der erste Versuch, Demokratie in Werten zu messen. Eine zentrale Rolle spielen hierbei die Freiheit ebenso wie die persönlichen Rechte der Bürger.
„Freedom House veröffentlicht jährlich eine Map of Freedom („Landkarte der Freiheit“) mit Dokumentation, die sich jedoch immer auf das vorhergehende Jahr bezieht – die Map of Freedom 2008 somit auf das Jahr 2007. Freiheit wird dabei gleichberechtigt mit political rights (politischen Rechten) und civil liberties (bürgerlichen Freiheiten) gemessen, wobei sich die politischen Rechte und bürgerlichen Freiheiten wiederum in je vier Unterkategorien aufteilen. Jede dieser Unterkategorien wird in spezifischen Fragen präzisiert, die von ausgewählten ExpertInnen pro Land (und für einige andere Territorien) beantwortet werden.“ (s. David F. J. Campbell/ Thorsten D. Barth: Wie können Demokratie und Demokratiequalität gemessen werden? Modelle, Demokratie-Indices und Länderbeispiele im globalen Vergleich (S. 214) )
Für jede dieser Fragen werden Rohpunkte berechnet. Durch die Rohpunktzahl wird dann anschließend auf einer Skala von 0 bis 100 die Qualität der Demokratie beurteilt, sowie der Freiheitsstatus des Landes definiert, klassifiziert in freie Länder („free“) wie Norwegen (100 Rohpunkte), teilweise freie Länder („partly free“) wie Mali mit 44 Rohpunkten und nicht freie Länder („not free“) wie das laut der Map of Freedom 2017 am wenigsten freie Land Syrien mit einer Punktzahl von -1.
2.) Democracy Index:
Von der britischen Economist Intelligence Unit jährlich seit 2006 erstellt, nimmt der Democracy Index konzeptionell direkten Bezug auf den Freedom-House-Index. Der Freedom-House-Index wird dafür kritisiert, Demokratie zu stark mit Freiheit gleichzusetzen: Laut der Economist Intelligence Unit gehören außer politischen Rechten und bürgerlichen Freiheiten noch weitere ebenso wichtige Faktoren dazu, die bei Freedom House zu gering ins Gewicht fallen. Der Democracy Index unterscheidet zwischen fünf wichtigen Kategorien, die auch als Dimensionen der Demokratie interpretiert werden können:
- Wahlprozess und Pluralismus („electoral process ad pluralism“)
- Funktionieren der Regierung („functioning of government“)
- Politische Partizipation („political participation“)
- Politische Kultur („political culture“)
- Bürgerliche Freiheiten („civil liberties“)
Auf Basis der Rohpunktzahl, die ebenso wie im Konzept des Freedom-House-Index ermittelt und anschließend auf eine Skala von 0 bis 10 übertragen wird, werden vier unterschiedliche Demokratie- bzw. Regimeformen unterschieden:
- volle Demokratie (10 bis 8,01, full democracy) wie in Norwegen (Platz 1 im Ranking 2017) oder auch in Deutschland (Platz 13)
- fehlerhafte Demokratie (8 bis 6,01, flawed democracy) wie in Israel und Frankreich (geteilter Platz 30 im Ranking 2017) oder in Peru (Platz 61)
- Hybridregime als Mischform eines autoritären Regimes und einer Demokratie (6 bis 4,01, hybrid regime) wie in Benin (Platz 87) oder im Irak (Platz 112)
- autoritäres Regime (4 bis 0, authoritarian regime) wie in Ägypten (Platz 103) oder in Nordkorea (letzter Platz auf Platz 167)
(Quelle: The Economist Intelligence Unit, Democracy Index 2017, Free speech under attack (S. 5 ff.))
Weitere Indices zur Demokratiemessung
Die zwei oben erläuterten Indices gehören zwar zu den verbreitetesten Demokratie-Indices, doch stehen sie nicht allein in ihrer Art.
Es gibt viele verschiedene Priotitätensetzungen, was die Messung der Demokratie betrifft. So setzt beispielsweise das vor allem in Österreich entstandene democracy ranking im Gegensatz zu den obigen stark auf das politische System in Verbindung mit den Bürgern fokussierten Indices den Fokus weit mehr auf die Qualität der Demokratie: Das politische System als einzelne Dimension wird fünf nicht-politischen Dimensionen gegenübergestellt (Gender und Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt, Wirtschaft, Wissen, Gesundheit, Umwelt).
Bei dem von Ted entworfenen Polity-Index, der als der am weitesten Genutzte gilt, werden zwei unabhängige Messungen jeweils auf einer Skala von 0 bis 10 ausgeführt, eine für den Demokratiewert und eine weitere für den Wert der Autokratie. Die beiden Werte werden in einer Skala zusammengeführt, wobei der Autokratiewert von dem der Demokratie abgezogen wird. So entsteht eine Skala von -10 bis 10, wobei -10 für maximale Autokratie und der Wert 10 für maximale Demokratie steht.
Weitere, hier jedoch nicht weiter erläuterte Demokratie-Indices sind beispielsweise der Index der Demokratisierung, das Demokratiebarometer oder der Kombinierte Index der Demokratie.
Grundsätzlich vereinfachen sämtliche Indices natürlich die komplexe Gesellschaftswirklichkeit. Daher setzt FIDES sie nur ergänzend ein, um z.B. die psychologisch fundierten Erkenntnisse zu bestätigen. Das FIDES-Forschungskonzept finden Sie hier.