Verwaltungswissenschaft

Sicht der Verwaltungswissenschaften

Von Dr. Christian Marettek (FIDES-Leiter)

Die Verwaltungswissenschaften werden gemeinhin als interdisziplinär ausgerichtete Subdisziplin der Politik- und Sozialwissenschaften eingeordnet, sozusagen der politikwissenschaftliche, soziologische oder juristische Teil von Public Governance/ Public Management. Vgl. Christian Marettek 2016, Steuerungsprobleme großer Universitäten in Zeiten der Exzellenzinitiative, S. 138.

Als charakteristisch für den aktuellen Entwicklungsstand der Verwaltungswissenschaften in Deutschland geben wir in der folgenden Auflistung einen Überblick über die (hauptsächlich universitäre) Fachdiskussion zur Verwaltungswissenschaft, orientiert am Sammelband Bernhard Blanke, Frank Nullmeier, Christoph Reichard und Göttrik Wewer (Hg.) 2011, Handbuch zur Verwaltungsreform, 4. Auflage, Wiesbaden 2011.

  • Bernhard Blanke (†, Prof. für Politikwiss., Uni Hannover): Verwaltungsreform als Aufgabe des Regierens, Der konsultive Staat
  • Franz-Xaver Kaufmann (em. Prof. für Soziologie, Uni Bielefeld): Zur historischen und aktuellen Entwicklung des europäischen Staates
  • Arthur Benz (Prof. für Politikwiss., TU Darmstadt): Zur historischen und aktuellen Entwicklung des europäischen Staates
  • Veith Mehde (Prof. für Öffentl. Recht, Uni Hannover): Rechtliche Rahmenbedingungen der Verwaltungsreform, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungslehre
  • Gunnar Folke Schuppert (Prof. am Wissenschaftszentrum Berlin/HU Berlin): Governance von und durch Verwaltungsreformen, Verflochtene Staatlichkeit. Globalisierung als Governancegeschichte
  • Eckhard Schröter (Prof. für Verwaltungswiss., Zeppelin-Universität Friedrichshafen): New Public Management, Zukunftsfähige Verwaltung? Herausforderungen und Lösungsstrategien in Deutschland, Österreich und der Schweiz (mit Maravic, Röder)
  • Kai Wegrich (Prof. für Public Management, Hertie School of Governance, Berlin): Post-New-Management
  • Werner Jann (Prof. für Politikwiss., Verwaltung und Organisation, Uni Potsdam): Neues Steuerungsmodell
  • Werner Jann/ Kai Wegrich: Phasenmodelle und Politikprozesse: Der Policy Cycle.
  • Manfred Röber (Professor für Betriebswirtschaftslehre, Andrássy-Universität Budapest): Aufgabenplanung und Aufgabenkritik, Bürgerbeteiligung und Bürgerhaushalte in Deutschland, Österreich und der Schweiz (mit Matthias Redlich)
  • Sabine Kuhlmann (Prof. für Verwaltungswiss., Uni Potsdam): Dezentralisierung, Kommunalisierung, Regionalisierung, Starke Kommunen – wirksame Verwaltung, Die Bundesverwaltung als moderner Betrieb
  • Sylvia Veit (Professor of Public Management, Uni Kassel): Wie wichtig sind Managementkompetenzen im öffentlichen Dienst?
  • Bastian Jantz (Verwaltungswiss., Uni Potsdam) und Sylvia Veit: Entbürokratisierung und bessere Rechtsetzung
  • Götz Konzendorf (ap Prof. DUV Speyer), Gesetzesfolgenabschätzung
  • Jörg Bogumil (Prof. für Öffentliche Verwaltung, Stadt- und Regionalpolitik, Uni Bochum): Bürgerkommune
  • Lars Holtkamp (Prof. für Politikwiss., FernUniversität Hagen): Konsolidierung der Haushalte, Kommunale Entscheidungsstrukturen in Ost- und Westdeutschland, Direktdemokratische Hochburgen in Deutschland
  • Jörg Bogumil/ Lars Holtkamp: Kommunalpolitik und Kommunalverwaltung
  • Hans-Gerd Ridder (Prof. für BWL, Personal und Arbeit, Uni Hannover) und Frank Schirmer (Prof. für BWL, Organisation, TU Dresden): Führung
  • Tanja Klenk (Prof. für Verwaltungswissenschaft Helmut Schmidt Universität-Universität der Bundeswehr Hamburg) und Frank Nullmeier (Prof. für Soziologie, Uni Bremen): Leitungsstruktur und Reformen der Leitungsorganisation
  • Kuno Schedler (Prof. für Public Management, Uni St. Gallen), Verwaltungscontrolling, Smart Government – Partizipation und Empowerment der Bürger im Zeitalter von Big Data und personalisierter Algorithmen
  • Tino Schuppan (Professor an der Hochschule der Bundesagentur für Arbeit), Informatisierung der Verwaltung
  • Nathalie Behnke (Prof. für Verwaltungswiss., Uni Konstanz), Alte und neue Werte im öffentlichen Dienst, Bedarfe im deutschen Länderfinanzausgleich
  • Christoph Reichard (em. Prof., Uni Potsdam),  Personalmanagement, Performance-Management, Die Organisation kommunaler Dienstleistungen
  • Karin Tondorf (prom. Soziologin, FU Berlin, freie Beraterin), Personalbeurteilung, „Leistungsbeurteilung – frei von Diskriminierung? (mit Arn Sauer)
  • Hermann Hill (Prof. für Verwaltungswiss. und Öffentl. Recht, DUV Speyer), E-Kompetenzen, Digitalisierung – Veränderungen und Herausforderungen, Die Kunst des Entscheidens – Neue Strategien für veränderte Umwelten
  • Dennis Hilgers (Prof. für Public und Nonprofit-Management, Uni Linz): Staatsfinanzen: Doppik einführen!
  • Dietrich Budäus (em. Prof. Uni Hamburg) und Dennis Hilgers (siehe oben): Öffentliches Rechnungswesen
  • John Philipp Siegel (Prof. für Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften, insbesondere Public Management, HAW Hamburg)/ Isabella Pröller :  Strategisches Management,
  • Isabella Proeller (Public und Nonprofit Management, Uni Potsdam). Frau Proeller ist Sprecherin des Vorstands des Potsdam Centrum für Politik und Management sowie stellvertretende Sprecherin des DFG-Graduiertenkollegs WIPCAD (Wicked Problems, Contested Administration): Strategisches Management zwischen Politik und Verwaltung (mit John Philipp Siegel)
  • Wolfgang Göke und Heinz Thörmer (Angehörige von Rechnungshöfen): Öffentliche Finanzkontrolle durch Rechnungshöfe

Außerdem gibt es noch zahlreiche ungenannte Verwaltungswissenschaftler an den deutschen HAWs, den Fachhochschulen für öffentliche Verwaltung der Länder sowie wiss. tätige Praktiker.

Für den Bereich Verwaltungswissenschaft/Policy Forschung werden in der Reputationsstudie der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft die Universität Konstanz (unverändert auf Platz 1), die Deutsche Universität für Verwaltungswiss. Speyer (auf Platz 2) und  die Universität Potsdam (auf Platz 3) genannt. Vgl. Rundbrief Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft Herbst 2007, S. 154.

 

Abschließend soll noch auf drei offenkundige Entwicklungstendenzen hingewiesen werden, die sich nach den Feststellungen des Verfassers seit einigen Jahren beobachten lassen (vgl. Marettek 2016, a.a.O. S. 139):
Inhaltlich haben sich die Verwaltungswissenschaften in den zwei letzten Dekaden stark mit den Ansätzen des NPM beschäftigt. Mittlerweile werden zunehmend arbeits- und organisationspsychologisch ausgerichtete Beiträge und auf Führungsprobleme ausgerichtete Artikel veröffentlicht. Ambitionierte Verwaltungshochschulen berufen die ersten arbeits- und organisationspsychologisch ausgerichteten Professoren. Zahlreiche private Hochschulen haben sich im Besonderen auf die management bzw. Governance-orientierten Themen konzentriert (und besetzen damit meines Erachtens eine Lücke im öffentlichen Hochschulwesen).

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